Hallo an alle,
zuallererst möchte ich Torsten in seiner Aussage voll unterstützen: Wenn es irgendwie möglich ist, sollte man Sportsitze, die man sich als Wunschkandidaten ausgeguckt hat, vorher probesitzen. Jeder hat da seinen eigenen Wohlfühlfaktor und vor allen Dingen hat auch jeder seine individuellen körperlichen Merkmale (vordringlich Körpergröße und Statur). Der eine sitzt lieber fest wie im Schraubstock, der andere schätzt ein wenig Bewegungsfreiheit. Ein Sitz, in dem ein dürrer Wicht noch Purzelbäume schlagen kann, ist für einen stämmigen Packer vielleicht schon eher ein Maßanzug mit Aszendent Presswurst.
Worauf man beim Probesitzen unbedingt achten sollte, ist allerdings der Zustand der jeweiligen Sportsitze. Derselbe Sitz mit neuwertiger Untervergurtung und straffen Polstern fühlt sich um Welten anders an als ein Laschi-Exemplar mit typischen Gebrauchsspuren. Und ich meine schon noch Gebrauchtsitze, die vom ersten Eindruck her sogar ganz gut ausschauen mögen und nicht völlig uffgerobbte Stühle, wo man mit dem Boppes gleich bis auf den Wagenboden durchfällt, wenn man sich reinsetzt.
An den BF Torinos stören mich maßgeblich die deutlich ins Auge stechenden Plastikscharniere im Stil der 90er. Die von Torsten erwähnte, teils weiche Polsterung habe ich an den von mir angeschauten Exemplaren nicht vorgefunden. Die Herren Bielstein aus Sarstedt bei Hildesheim haben neben dem Vertrieb der Torino-Sitze auch eine Firma für Fiat/Lancia/Abarth-Teile.
Die Deser-Sitze kommen dem Originalvorbild Recaro Idealsitz erste Bauserie schon deutlich näher. Sie teilen allerdings einen in meinen Augen weiteren Nachteil mit den BF Torinos: Die Abmessungen der Befestigungslöcher unterwärts entsprechen bei beiden Herstellern nicht dem bei den typischen deutschen Herstellern (Recaro, Scheel, König) mit Ausnahme einiger Rennschalen immer verwendeten Normmaß. Für denjenigen, der eine Plugandplay-Einbaulösung sucht, bedeutet das also, daß er in jedem Fall das Einbaumaterial bei Torino oder Deser mitkaufen muß, weil die sonst am Markt gebraucht und teils auch noch neu üblichen Adapter- bzw. Konsolensätze nicht ohne Nacharbeit passen. Nach der ChiChi-BlingBling-Umgestaltung der Deser-Webseite sind nun viele Bilder und wenige Informationen zu finden (scheint so ja modern zu sein), auf der alten Webseiten-Version konnte man die Maße aber nachlesen, wie das heute noch bei Torino geht.
Aktuelle Preise für die Torinos lassen sich auf der Firmenwebseite finden. Zu Deser kursieren durchaus unterschiedliche Preisangaben - als ich vor Jahren mal angerufen hatte, lag das Niveau noch unterhalb der Torinos heute (Abholung in Italien wohlgemerkt). Bevor ich bei einem Importeur kaufen würde, würde ich wohl heute auf jeden Fall auch direkt dort anrufen, damals hat die Dame am Telefon hervorragendes Englisch gesprochen.
Zu der Anmerkung von Alfred mit der kürzeren Rückenlehne:
Das entspricht so schon auch dem originalen Vorbild Recaro Idealsitz erste Bauserie. Die haben eine recht kurze Rückenlehne, weswegen ich sie auch generell für mich nicht mag, weil mir der Sitz knapp unterhalb der Schulterblätter endet (ich bin bissi über 1,90m). Wirklich geeignet sind die Sitze (mit frischer Polsterung und Gurten) nach meiner Meinung nur für Menschen bis etwa 1,75m.

Ich fühle mich in den späteren Recaro Idealsitz zweite Bauserie

oder in Scheel 200/203 (Bild 203)

deutlich besser aufgehoben. Scheel 400/500 sind noch etwas größer, passen dadurch aber nicht mehr so wirklich in den doch recht kleinen Innenraum eines BMW 02. Das wirkt dort dann ein wenig neigestumppt und ist eher für Coupe oder NK/E12/E23 geeignet.

Zum TÜV:
BMW hat in den aktuellen Jahren unserer Fahrzeuge in Zusammenarbeit mit dem TÜV eine Umrüstliste erstellt, in der z.B. Leistungssteigerungen, Alufelgen aber auch geänderte Sitze abgehandelt werden. In meiner Liste Stand 06/1982 steht zu Sitzen drin:
Es bestehen werksseitig keine Bedenken, anstelle der serienmäßigen Sitze Sportsitze einzubauen, die den Vorschriften der StVZO entsprechen (Führerhasurichtlinie: Die Sitze müssen verstellbare Rückenlehnenneigung haben und bei den 2-türigen Modellen auch vorklappbar sein, damit ein ungehindertes Aus- und Einsteigen der hinteren Fahrgäste sichergestellt ist, §30 StVZO).
Eine gesonderte TÜV-Abnahme und Eintragung in die Fahrzeugpapiere z.B. der als Sonderausstattung gegen Aufpreis ab Werk oder nachträglich eingebaute BMW-Sportsitz Recaro ist nach dem Beispielkatalog der §19 StVZO nicht notwendig.
Die Zulässigkeit einer Verwendung von Einzelsitzen ist in der allgemeinen Betriebserlaubnis (ABE) vorgesehen.Für die heutige Abnahme eines Oldtimer-Fahrzeugs sind mit wenigen Ausnahmen diejenigen Regeln anzuwenden, die für das Fahrzeug gegolten haben, als es noch aktuell war. Letztlich kann man auch behaupten, die betreffenden Sportsitze wären im jeweiligen Fahrzeug schon seit damals durchgehend eingebaut (kaum widerlegbar).
Wobei da dann bei den Torino/Deser im Gegensatz zu den tatsächlich alten, echten Originalen ein Problem auftauchen könnte: Kennt sich der TÜV-Mensch gut aus, weiß er auch, dass es die heutigen Nachbau-Exemplare damals noch gar nicht gegeben hat. Wenn er das will, könnte er deswegen vielleicht Streß machen. Nachbauteile entsprechend den alten Originalen sind zwar grundsätzlich zugelassen wie deren Begutachtung durchgeführt werden soll, ist aber nicht so ganz eindeutig festgelegt. Bei den Richtlinien zum H-Kennzeichen steht für Replika-Teile "
gegebenenfalls mit aktuellem Prüfzeugnis" wann genau der Fall denn nun gegeben ist, weiß ich nicht.
Verneigung, Lars.